Rudolf Strahm und Geldgespinste

Wer gut schreibt, sagt noch lange nicht die Wahrheit. Dies zeigt auch die heutige Kolumne im Tagesanzeiger von Rudolf Strahm, dem ehemaligen SP-Nationalrat und Preisüberwacher. Wenn sich der ansonsten verdienstvolle Strahm über die Verirrungen der Geldpolitik auslässt, sollte er seine eigenen Gedanken zuerst in Ordnung bringen.

Was er über die Goldinitiative schreibt, trifft weitgehend zu. Aber seine Äusserungen zur Vollgeld-Initiative zeigen nur eines: Auch er zählt zu den vielen Politikern, die die Geldschöpfung nicht begriffen haben. Mit einer solchen Leerstelle im Geldverständnis Belehrungen abzugeben, schadet seinem Ruf, selbst wenn sie über eine Tageszeitung mit grosser Auflage verbreitet werden.Die Vollgeld-Initiative, schreibt Strahm, «will den Kreditverkehr von den Banken einzig auf die Nationalbank übertragen und so angeblich die Kreditschöpfung des Bankensystems brechen. Jeder Kredit müsste von der Nationalbank verantwortet oder rückfinanziert werden.» Wie vieles, das heute über Geld geschrieben wird, kommt die Verwirrung auch hier in der Verkleidung sachkundig klingender Sätze daher. Aber wie den Banken muss man auch den Politikern nicht nur aufs Maul schauen, sondern auch in ihr Denken und in ihre Begriffe, mit denen sie Verwirrung verbreiten.

Die Vollgeld-Initiative will die private Geldschöpfung der Banken unterbinden und allein der Nationalbank übertragen. Um diese Forderung zu verstehen, muss man wissen, dass die Banken den grössten Teil des Geldes – rund 85 Prozent – selber und aus dem Nichts schöpfen, jedes Mal, wenn sie einen Kredit verleihen. Dieser Vorgang wird mittlerweile von allen massgeblichen Zentralbanken auch der Öffentlichkeit gegenüber bestätigt. Wenn die Banken einen Kredit ausreichen, verleihen sie nicht das Geld der Sparer, sondern schöpfen Geld, das es vorher nicht gab – und erzielen mit diesem Privileg saftige Profite. Die Banken können mit selbst gemachtem Geld sogar Vermögenswerte erwerben!
Aber nicht nur das: Indem der grösste Teil dieses neu geschöpften Geldes in die Finanzwirtschaft fliesst, steigen die Preise der spekulativen Wertpapiere und ermöglichen fette Gewinne. Da kann die Realwirtschaft, für die sich Rudolf Strahm so gerne einsetzt nicht mithalten, senkt die Löhne und lagert aus – die ganze Litanei. Dieses volkswirtschaftlich schädliche und von der Verfassung gar nicht vorgesehene Privileg will die Vollgeld-Initiative beenden.

Im Gegensatz zur Behauptung Strahms sind die Banken völlig frei in ihrer Kreditvergabe. Unter dem Vollgeld-Regime dürfen sie einfach nur Geld verleihen, das sie tatsächlich haben. Eine Verantwortung der Nationalbank für solche Kredite, die Strahm unterstellt, ist ein demagogisches Hirngespinst – man kann es nicht anders sagen. Wer so etwas verbreitet, wird er sich selber darin verstricken.

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Eine Antwort auf Rudolf Strahm und Geldgespinste

  1. […] weitere kluge Entgegnung auf eine ältere Vollgeld-Kolumne von Rudolf Strahm «Rudolf Strahm und Geldgespinste» von Christoph […]

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