Was es jetzt braucht: eine ausserordentliche Generalversammlung der Nationalbank

Das Risiko, das die Nationalbank mit der faktischen Anbindung an den Euro eingeht, ist enorm. Die Vervielfachung der Menge an Nationalbankgeld in den letzten Woche auf rund 250 Milliarden hat jedenfalls nicht genügt. Ein Risiko in der Grössenordnung von 500 Milliarden Franken ist keine Untertreibung, ein Betrag, der dem Bruttosozialprodukt unseres Landes entspricht

Alles hängt natürlich von der weiteren Entwicklung des Euro ab, der seit bald zwei Jahren mit immer neuen Rettungsschirmen und immer neuen (im Grund verfassungswidrigen) Massnahmen vor dem Zerfall gerettet werden soll. So hat die Europäische Zentralbank in Verletzung ihrer Satzung damit begonnen, marode Staatspapiere aufzukaufen, die beim Publikum keine Chance mehr haben. Ohne Revision der Fehlkonstruktion der gemeinsamen Währung muss das Risiko der Intervention der Nationalbank als erheblich bezeichnet werden. Auf einen Erfolg zu hoffen, ist legitim. Darauf eine Politik ohne demokratische Legitimation zu bauen ist halsbrecherisch.

Zum währungspolitischen Vorgang: Die Hedge Fonds und die Banken weltweit sitzen auf sinkenden Währungen, vor allem Dollar und Euro. Um ihre Positionen zu retten, verschieben sie ihre Werte in Währungen, die mehr Stabilität versprechen, namentlich Yen und Schweizer Franken. Die enorme spekulative Nachfrage erzeugt Aufwertungsdruck, der wiederum die Realwirtschaft schwächt, im Fall der Schweiz bis zum geht-nicht-mehr. Der Handlungsbedarf ist unbestritten.

Um im System der flexiblen Wechselkurse den Aussenwert des Franken zu stabilisieren muss die Nationalbank die Nachfrage der Hedge Fonds und der Bankenwelt nach Schweizer Franken befriedigen und dafür die unbeliebten Euros an Zahlung zu nehmen. Dass dieses «Geld» grösstenteils von den ausländischen Bankkonzernen aus dem Nichts geschaffen wurde, lassen wir mal beiseite.

Das Risiko: Wenn Euro und Dollar weiter fallen, sitzt sie auf einem riesigen Paket faktischer non-valeurs, während die kaufkräftigen Schweizer Franken nun im Besitz der Hedge Fonds stehen. Das macht die Schweiz äusserst verwundbar für eine umgekehrte spekulative Attacke. Wenn dieses Geld auf den Markt geworfen wird, muss die Nationalbank enorme Mittel mobilisieren können, um diese Franken wieder zurückzukaufen. Bei fallendem Euro werden ihre Reserven aber aufgebraucht sein und die Schweiz ist bereit für den Schlussverkauf.

Dann droht uns das Schicksal der Tigerstaaten während der Asienkrise 1997, als halbe Volkswirtschaften innerhalb weniger Monate zum Schnäppchenpreis den Besitzer wechselten.

Darf die Nationalbank ein derartiges Risiko ohne Absprache und demokratische Absicherung eingehen? Ich finde nein! Es widerspricht dem Grundgehalt unserer Verfassung und dem Sinn der direkten Demokratie, wenn ein kleines Gremium ohne demokratische Legitimation einen Entscheid treffen kann, der in der Verpflichtung gipfelt, allenfalls ein Jahr lang gratis zugunsten der Hedge Fonds zu arbeiten. Die Recherche nach dem geltenden Recht zeigt: Bis 2003 hätte die Nationalbank die Anbindung an eine fremde Währung als «Entscheid von wesentlicher monetärer Bedeutung» noch mit dem Bundesrat koordinieren müssen. Die Streichung hat das schlecht informierte Parlament durchgewunken.

Welche Optionen bestehen noch, um diesen Wahnsinnsentscheid einem demokratischen Prozess zu unterwerfen? Eine kurze Anlayse zusammen mit meinem Kollegen Hans-Jaob Heitz, der für parteifrei.ch in Zürich als National- und Ständerat kandidiert zeigt: Die Aktionäre der Nationalbank, zu 70 Prozent die Kantone, müssen stellvertretend für den Souverän unverzüglich eine ausserordentliche Generalversammlung der Nationalbank einberufen. Per eingeschriebenem Brief (pdf) forderten wir gestern Freitag die Kantone auf, eine solche einzuberufen. Der Nationalbank stellten wir gleichzeitig eine Reihe von Fragen Reihe von Fragen (pdf) und baten Sie um eine rekurrable Verfügung. Unter anderem wollten wir wissen, wohin das Neugeld fliesse, in die Finanz- oder in die Realwirtschaft. Die Sonntagspresse informierten wir telefonisch und stellten die Dokumente zur Verfügung.

Als dritte Massnahme entwickelte Hans-Jacob Heitz den Mustertext für eine Einzelinitiative. Diese kann jeder Bürger ergreifen und an das Parlament seines Kantons richten. Mustertext hier (doc). Ich bin überzeugt: Gesicht zeigen, handeln und Rechtsmittel ergreifen ist wirkungsvoller als e-mail-Petitionen anzuklicken, auch wenn dies eindrückliche Zahlen von «Unterschriften» ergibt. Mal sehen, wozu unabhängige Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind. Ich bin zuversichtlich, aber nur wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt eine Einzelinitiative ergreifen, dem Unterstützungskomitee beitreten oder zumindest den Newsletter abonnieren. Damit werden Sie laufend informiert und aus dem Busch geklopft.

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5 Antworten auf Was es jetzt braucht: eine ausserordentliche Generalversammlung der Nationalbank

  1. Wolfgang Knobloch sagt:

    Sehr geehrte Schweizerinnen und Schweizer,
    die entmündigten EU-Bürger möchten dieses unsägliche Konstrukt des EUR mitsamt der EU und ihren Philistern abgeschafft sehen. Sei es auch ein teures und enttäuschendes Abenteuer gewesen. Mit der Entscheidung der SNB einer Koppelung des SFR an den EUR wird der krankhafte Zustand der EU-Nationen nun noch verlängert. Christoph Plugers Einwände haben Substanz – warum möchte sich Ihr Land in diesem maroden EU-Gebäude einrichten? Ihr Land ist eines der letzten, vielleicht sogar die letzte freiheitliche Demokratie in Europa. Bitte bleibt Europa so erhalten.
    Grüße,
    Wolfgang Knobloch

  2. […] den Blog von Christoph Pflüger, der bei den kommenden Wahlen für den Nationalrat kandidiert und der seine Wahlkampagne wegen der […]

  3. Toni Egger sagt:

    Betreffend dem Engagement der Nationalbank bin ich gleicher Meinung, ich vermute aber noch zustätzlich, dass unsere Parlamentarier wissentlich oder unwissentlich, weil sie die Zusammenhänge der freien Geldschaffung durch die Banken nicht verstehen und somit diese Finanzmafia unterstützen, weil sie von ihr bezahlt werden. Es gibt schon parlamentarische Vorstösse welche das Nationalbank Gold zurückholen wollten und auch die Befugnisse der Nationalbank beschränken wollen, aber diese Vorstösse sind allesamt im Sande verlaufen! Leider werden die Themen nicht diskutiert, obwohl sie uns bald betreffen werden, weil somit unserer Erspartes und die Pensionen sich im Finanzcrash aufslösen werden.

  4. Dominik Grob sagt:

    Ein Artikel mit Brisanz und enormer Relevanz!
    Ich hoffe wir sind noch nicht zu geblendet bzw. von den Medien überflutet worden, dass sich diese Relevanz auch in der breiten Bevölkerung erkennbar macht.

  5. alec gagneux sagt:

    herzlichen dank für dieses wichtige engagement.
    jeden tag halten wir geld in der hand – und verstehen so wenig davon. die zeit ist überreif, dass menschen wie christoph pfluger nach bern gehen um die bretter vor den köpfen abzubauen.
    viel glück für christoph pfluger – und damit für uns alle.
    mit sonnigen grüssen.

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